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Essen mit einer Tracheostomie

Grundsätzlich besteht wenig Anlass zur Sorge, dass der Ess- oder Trinkvorgang Ihres Kindes durch das Vorhandensein einer Trachealkanüle beeinträchtigt würde, da die für die Nahrungsaufnahme wichtigen Regionen in Mundraum, Rachen, Kehlkopf und Speiseröhre nicht direkt betroffen sind. Es gibt jedoch zwei Faktoren, die sich beide aus der geographischen Lage des Tracheostomas im Hals des Kindes ergeben, die das Essen oder Trinken für Ihr Kind komplizieren und in extremen Fällen sogar unmöglich machen könnten.

Schutz des Tracheostomas

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Zunächst einmal ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass ein Tracheostoma letztlich eine ungeschützte Öffnung in der Luftröhre Ihres Kindes ist, die sich noch dazu in direkter Linie unterhalb des Mundes befindet. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass Sie bei der Nahrungsaufnahme spezielle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Nahrung in die Trachealkanüle geraten kann. Bei kleineren Kindern, die aus Neugier oder Spieltrieb versuchen könnten, Nahrung in die Kanüle zu stecken, ist diese Gefahr naturgemäß am größten. Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder sollten daher während des Essens unbedingt ein Baumwolllätzchen zum Schutz der Kanülenöffnung tragen, keinesfalls jedoch ein Plastiklätzchen, da diese die Atmung behindern könnten. Bei Kindern aller Altersstufen empfiehlt es sich, die Kanülenöffnung durch eine künstliche Nase zusätzlich zu schützen.

 

Ihr Kind sollte vor jeder Mahlzeit vorsorglich abgesaugt werden, um das Risiko, während der Mahlzeit absaugen zu müssen und so unter Umständen Erbrechen hervorzurufen, so gering wie möglich zu halten. Falls Ihr Kind während der Nahrungsaufnahme doch erbrechen muss, versuchen Sie, den Kopf des Kindes von der Tracheostomie wegzudrehen, damit Nahrung nicht in die Kanüle geraten kann. Wenn dies doch eintreten sollte, saugen Sie die Kanüle unverzüglich ab. Achten Sie darauf, dass Säuglinge oft und gründlich aufstoßen und verringern Sie die Gefahr von Erbrechen oder Aspiration, indem sie sie nach der Mahlzeit auf die rechte Seite legen.

Schluckstörungen

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Der zweite Risikofaktor bei der Nahrungsaufnahme ist die direkte Nachbarschaft von Trachealkanüle und Kehlkopf im Hals des Kindes, einer extrem empfindlichen Region des Körpers, in der eine Vielzahl lebenswichtiger Funktionen auf engstem Raum beieinander liegen. Schon bei einem Kind ohne Trachealkanüle ist das Schlucken ein Vorgang von enormer Komplexität, bei dem Luft- und Speiseröhre abwechselnd so geöffnet und verschlossen werden, dass Nahrung den vorbestimmten Weg nehmen kann, während gleichzeitig die Sauerstoffversorgung nicht länger als nötig ausgesetzt wird.

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Bei einem tracheotomierten Kind kann die Mechanik dieses meist unbewussten Vorgangs gestört werden, indem die Kanüle, die ja ein starrer Fremdkörper im Hals des Kindes ist, die Bewegungsfreiheit des Kehlkopfes einschränkt und so den koordinierten Schließvorgang von Kehldeckel und Stimmbändern beeinträchtigt. Als Resultat können bei einigen tracheotomierten Kindern Schluck- oder Essstörungen auftreten, die die Nahrungsaufnahme zumindest erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen, und zu Aspiration führen können. Eine Aspiration ist sehr gefährlich, da dabei Nahrung während des Schluckvorgangs in die Luftröhre eindringt und chronische Lungenprobleme, Lungenentzündungen oder sogar Ersticken hervorrufen kann.

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Erkennbare Symptome von Schluck- oder Essstörungen sind Husten, Verschlucken, Würgen oder Erbrechen während der Nahrungsaufnahme. Auch eine übersensible Reaktion auf Nahrung im Mund, eine komplette Verweigerung der Nahrungsaufnahme oder stark erhöhter Speichelfluss aus dem Mund weisen auf eine vorliegende Schluckstörung hin. Eine Aspiration verrät sich meist dadurch, dass sich beim Absaugen Essensreste im Trachealsekret finden, das Kind bei der Atmung auffällige Lungengeräusche aufzeigt oder häufig unter Atemwegsinfekten leidet.

Künstliche Ernährung

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Bedenken Sie, dass ein tracheotomiertes Kind oft eine beträchtliche medizinische Vorgeschichte hat und mitunter zahllose Krankenhausaufenthalte und Untersuchungen an Mund und Hals erdulden musste. Einige Kinder sind durch diese Erfahrungen so traumatisiert, dass Sie eine regelrechte orale Aversion entwickelt haben, die sich in Schluckstörungen oder Nahrungsverweigerung äußern kann. Eltern, deren tracheotomiertes Kind Schwierigkeiten beim Essen entwickelt, sollten diese daher unbedingt mit dem behandelnden Arzt besprechen, um die Ursachen der Störung zu 

analysieren und gegebenenfalls therapeutische Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

 

Wenn Ihr Kind gar nicht mehr essen kann oder zu chronischer Aspiration neigt, kann es ratsam sein, eine künstliche Ernährung für Ihr Kind in Erwägung zu ziehen [ Abb. 4 ], um die Nahrungsversorgung zu sichern und die Lungen nicht nachhaltig zu schädigen. Dabei wird flüssige Nahrung durch einen kleinen Schlauch direkt in den Magen geleitet, ohne dass Ihr Kind schlucken muss. Dieser Schlauch kann entweder durch die Nase oder, bei Kindern, die über einen längeren Zeitraum künstlich ernährt werden müssen, direkt durch die Bauchdecke gelegt werden.

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Abb.4: Künstliche Ernährung mit einer Magensonde und Flüssignahrung

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