top of page

Kanülen

Bei einer Tracheotomie wird durch einen kleinen Einschnitt in Hals und Luftröhre ein künstlicher Luftweg geschaffen, der dem Kind die Atmung ermöglicht. Die daraus entstehende Öffnung, das sogenannte Stoma, wird durch das Einlegen einer Trachealkanüle [ Abb. 1 ] gesichert. Die Kanüle besteht aus der äußeren Kanülenplatte, an der das Halteband zur Fixierung befestigt wird, sowie der eigentlichen Kanüle, die mit der Platte fest verbunden ist und in einer leichten Kurve in die Luftröhre hineinragt.

Die Trachealkanüle ist das wohl wichtigste Hilfsmittel, mit dem Sie sich vertraut machen müssen, denn das Leben Ihres Kindes hängt unmittelbar davon ab, wie gut und effizient Sie Wechsel und Handhabung der Kanüle beherrschen. Sollte die Kanüle aus dem Stoma herausrutschen, beispielsweise durch eine versehentliche Öffnung oder Lockerung des Bändchens, kann ein frisch angelegtes Stoma leicht schrumpfen, wodurch ein Wiedereinsetzen der Kanüle erschwert oder unmöglich wird und unter Umständen eine ernsthafte Notfallsituation entstehen kann.

Kanülentypen

Trachealkanülen können aus Silikon, Plastik oder sogar aus Silber gefertigt sein. Am häufigsten sind Kanülen aus Silikon und Plastik, da sie leichter und daher bequemer zu tragen sind und weniger dazu neigen, an ihrer Innenseite durch getrocknetes Sekret zu verborken. Viele Trachealkanülen werden mit einer separaten Innenkanüle [ Abb. 2 ] geliefert, die einen etwas kleineren Durchmesser hat und exakt in die äußere Kanüle passt. Sollte die Innenkanüle durch Sekretablagerungen verborkt sein, so kann sie einfach herausgenommen und gesäubert werden, ohne dass die äußere Kanüle entfernt werden muss. Nach der Reinigung kann die Innenkanüle wieder in die äußere Kanüle eingesetzt werden.

Die drei häufigsten Arten von Trachealkanülen sind:

NORMALE KANÜLEN

Als normale Kanülen bezeichnet man einfache Kanülen ohne Manschette [ Abb. 1 ] oder Fensterung. Sie sind besonders für Kinder mit minimalem Aspirationsrisiko geeignet, können aber trotz fehlender Manschette unter bestimmten Voraussetzungen auch für langzeitbeatmete Kinder in Frage kommen. Wenn das Kind nicht beatmet wird, sollte der Durchmesser der Kanüle klein genug bemessen sein, um zu gewährleisten, dass zur Stimmbildung etwas Atemluft an der Kanüle vorbeiströmen kann und um Beschädigungen an den empfindlichen Innenwänden der Luftröhre zu vermeiden.

BLOCKBARE KANÜLEN

Blockbare Trachealkanülen haben einen kleinen aufblasbaren Ballon, eine sogenannte Manschette, am inneren Ende der Kanüle [ Abb. 3 ]. Durch Aufblasen dieser Manschette kann die Luftröhre abgedichtet werden, um eine Aspiration von Nahrung und Speichel aus dem Rachenraum oder ein unerwünschtes Entweichen der Luft während einer Beatmung zu verhindern. Die Manschette wird meistens durch Luft aufgeblasen, manchmal jedoch auch durch das Einfüllen von destilliertem Wasser.

GEFENSTERTE KANÜLEN

Gefensterte Trachealkanülen [ Abb. 4 ] haben eine oder mehrere Öffnungen, auch Fensterungen oder Siebungen genannt, in der Krümmung der Kanüle innerhalb der Luftröhre des Kindes. Die Einatmung erfolgt, wie bei anderen Kanülentypen auch, durch die Trachealkanüle, bei der Ausatmung jedoch kann die vordere Öffnung der Kanüle entweder manuell oder durch ein Ventil verschlossen werden, sodass die Luft durch die Fensterungen in der Kanüle in die oberen Atemwege und zu den Stimmbändern gelangen kann. Auf diese Art wird eine Stimmbildung ermöglicht, selbst wenn die Kanüle zu groß ist, um Atemluft an der Kanüle vorbeizulassen.

Trotz der offensichtlichen Vorteile von Innenkanülen, Manschetten oder Fensterungen pflegen Säuglinge und Kleinkinder meistens normale Kanülen zu tragen, da der winzige Durchmesser ihrer Luftröhren der Benutzung dieser Alternativen oft im Wege steht. So sind zum Beispiel Innenkanülen für kleine Kinder meist ungeeignet, da sie innerhalb der äußeren Kanüle sitzen und dadurch den verfügbaren Luftweg zusätzlich reduzieren. Desgleichen werden blockbare Kanülen nur selten verwendet, da die Gefahr einer Beschädigung der Luftröhreninnenwand durch übermäßigen Druck der Manschette bei Kindern diesen Alters sehr groß ist.

Gefensterte Kanülen hingegen sind oft problematisch, weil Granulationsgewebe dazu neigt, sich in den Fensterungen festzusetzen und diese zu blockieren, wodurch die Atmung eher erschwert als erleichtert, manchmal sogar verhindert wird. Außerdem ist es bei Säuglingen und Kleinkindern oft nicht zu verhindern, dass die Fensterungen in der Krümmung der Kanüle an der Innenwand der Luftröhre anliegen und daher keine Luft durchlassen können. Bei älteren Kindern, deren Luftröhre und Trachealkanüle einen entsprechend größeren Durchmesser haben, kann die Benutzung der oben genannten Alternativen möglich sein.

large_tubes01.jpg

Abb.1: Eine normale Trachealkanüle

large_tubes02a.jpg

Abb.2

large_tubes02b.jpg

Abb.3

large_tubes02c.jpg

Abb.4

Trachealkanülen - Abb. 2: Kanüle und Innenkanüle - Abb.3: Blockbare Kanüle mit Manschette - Abb. 4: Gefensterte Trachealkanüle

Kanülenpflege

 

Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, benötigen Sie mindestens drei Kanülen in der von Ihrem Kind zur Zeit getragenen Größe bei sich zuhause, die dann durch regelmäßigen Kanülenwechsel abwechselnd verwendet werden können. Die meisten Kanülen sind für eine mehrmalige Benutzung geeignet, bedenken Sie jedoch, dass jede Sorte von Trachealkanülen eine vom Hersteller empfohlene maximale Haltbarkeitsdauer hat, die keinesfalls überschritten werden darf. Bevor Sie eine Kanüle in das Stoma einsetzen, sollte sie auf jeden Fall auf etwaige Verschleißmerkmale überprüft und gegebenenfalls entsorgt werden, falls sie Risse aufweist oder anderweitig beschädigt ist.

Nach jedem Kanülenwechsel wird die alte Kanüle entweder weggeworfen, wenn es sich um eine Einwegkanüle handelt, oder gereinigt, wenn sie wiederverwendbar ist. Es gibt dafür spezielle Reinigungspulver und Behälter, die von den Herstellern der Trachealkanülen zu diesem Zweck bezogen werden können. Hierbei wird der Behälter mit einer Lösung des Reinigungsmittels gefüllt [ Abb. 5 ], die Trachealkanüle hineingelegt und nach dem Einweichen mit einem kleinen Wattestäbchen gründlich gereinigt um übriggebliebenes Sekret zu entfernen. Schließlich wird die Kanüle sorgfältig unter heißem Wasser abgespült und luftgetrocknet.

Eine Trachealkanüle darf niemals sterilisiert oder abgekocht werden, da das Material dadurch zerstört werden könnte, es sei denn, der Hersteller empfiehlt diese Art der Reinigung ausdrücklich. Saubere Kanülen sollten in einem sterilen Behälter aufbewahrt werden, bis sie wieder benötigt werden. Hierfür kann man einen kleinen Plastikbehälter verwenden, der sorgfältig desinfiziert und getrocknet wurde, bevor die Kanülen hineingelegt werden.

large_tubes03.jpg

Abb.5: Reinigungsbehälter für Trachealkanülen

large_tubes04.jpg

Abb.1: Nasenspekulum oder Spreizer

Kanülenwechsel

Eine Trachealkanüle muss regelmäßig gewechselt werden, sowohl aus hygienischen Gründen als auch um zu verhindern, dass sich getrocknetes Sekret in der Kanüle festsetzen kann. Die Intervalle zwischen den Kanülenwechseln sind naturgemäß von Kind zu Kind verschieden, daher sollte der behandelnde Arzt Ihres Kindes Sie beraten und mit Ihnen zusammen die für Ihr Kind ideale Wechselfrequenz festlegen.

Geübten Pflegekräften ist es durchaus möglich, eine Trachealkanüle ohne Unterstützung durch eine weitere Person zu wechseln. Es ist jedoch insbesondere während der Lernphase empfehlenswert, den Wechsel einer Kanüle nur zu zweit vorzunehmen, da bei Fehlern oder unglücklichen Zufällen leicht eine Notfallsituation entstehen kann, die das Leben des Kindes ernsthaft gefährdet. Eine derartige Eskalation ist von vier Händen mit Sicherheit einfacher zu bewältigen als von zweien.

​Jeder der beiden Mitwirkenden wird beim Wechsel der Kanüle bestimmte Aufgaben zu verrichten haben, um einen sicheren und zügigen Verlauf des Vorgangs zu ermöglichen. Während die eine Person für das Entfernen der alten Kanüle verantwortlich ist, bereitet die andere Person die neue Kanüle vor und setzt diese dann ein. Wenn Ihr Kind noch im Krankenhaus ist, wird die Trachealkanüle mit sterilen Handschuhen gewechselt, sobald Sie jedoch mit Ihrem Kind zuhause sind, kann es ausreichend sein, die Kanüle ohne Handschuhe zu wechseln, solange Sie vor dem Vorgang Ihre Hände gründlich waschen oder desinfizieren.

 

Achten Sie darauf, den Kanülenwechsel nicht direkt nach einer Mahlzeit durchzuführen, denn der Vorgang löst mitunter einen Hustenreiz aus, der wiederum zu Erbrechen und Aspiration führen kann. Auch ist es sehr wichtig zu bedenken, dass ein neu angelegtes Stoma bei entfernter Kanüle sehr schnell schrumpfen kann, sodass der Wechselvorgang so schnell und effizient wie möglich durchgeführt werden muss. Machen Sie sich mit den Möglichkeiten zur Wiederöffnung eines in sich zusammengefallenen Stomas, die im Kapitel Komplikationen dieses Pflegeratgebers beschrieben sind, vertraut.

Bevor Sie anfangen, überzeugen Sie sich, dass alle benötigten Hilfsmittel griffbereit sind. Zuallererst benötigen Sie eine saubere Kanüle in der von Ihrem Kind normalerweise getragenen Größe, sowie eine weitere Kanüle eine Nummer kleiner. Inspizieren Sie alle Kanülen gründlich auf Verschleißspuren und nehmen Sie im Zweifel lieber eine Andere. Des Weiteren sollten Sie ein Nasenspekulum, auch Spreizer genannt, und etwas wasserlösliches Gleitmittel bereitstellen. Falls Sie aus irgendeinem Grund die Kanüle in der normalen Größe nicht in das Stoma einsetzen können, so können Sie stattdessen die kleinere Kanüle versuchen. Sollte auch das nicht funktionieren, so können Sie [ Abb. 1] benutzen, um das Stoma zu öffnen und eine der Kanülen einzusetzen.

Darüber hinaus brauchen Sie ein Absauggerät und mehrere Katheter, um Ihr Kind vor, während und nach dem Wechselvorgang abzusaugen, falls die Notwendigkeit dazu entstehen sollte. Außerdem werden noch eine frische Schlitzkompresse sowie ein zusammengerolltes Handtuch oder eine Decke benötigt, um durch Überstreckung des Halses das Stoma so offen und zugänglich wie möglich zu machen. Manche Kinder brauchen auch Sauerstoff während oder nach dem Kanülenwechsel.

large_tubes05.jpg

Abb.2: Waschen oder desinfizieren Sie Ihre Hände gründlich

large_tubes06b.jpg

Abb.3

large_tubes06a.jpg

Abb.4

large_tubes06c.jpg

Abb.5

Vorbereitung der neuen Kanüle - Abb.3: Wasserlösliches Gleitmittel - Abb.4: Kanüle mit Gleitmittel - Abb.5: Tracheostomiekompresse

Der Vorgang

Erklären Sie Ihrem Kind genau was Sie gleich tun werden und versuchen Sie, eine möglichst ruhige Atmosphäre herzustellen. Überzeugen Sie sich ein letztes Mal, dass alle Hilfsmittel bereit liegen.

1. Falls Sie keine sterilen Handschuhe tragen, waschen und desinfizieren [ Abb. 2 ] Sie Ihre Hände gründlich.

2. Tragen Sie etwas wasserlösliches Gleitmittel am inneren Ende der neuen Kanüle auf. Benutzen Sie keinesfalls Vaseline [ Abb. 3-5 ].

3. Wenn Ihr Kind eine Metalline trägt, kann die frische Metalline bereits an der neuen Kanüle angebracht werden, bevor die alte Kanüle entfernt wird [ Abb. 6 ]. Dadurch gelangt die Metalline durch das Einsetzen der neuen Kanüle an den richtigen Ort und muss nicht separat gewechselt werden.

4. Saugen Sie Ihr Kind gründlich ab und befestigen Sie dann vorsorglich einen neuen Absaugkatheter am Schlauch des Absauggeräts für den Fall, dass zusätzliches Absaugen im weiteren Verlauf des Wechselvorgangs nötig werden sollte.

5. Legen Sie Ihr Kind auf den Rücken und platzieren Sie das zusammengerollte Handtuch unter seinen Schultern, um den Hals etwas zu überstrecken und damit das Stoma so weit wie möglich zu öffnen.

6. Sichern Sie jetzt die alte Kanüle durch leichten Druck mit einem Finger auf jeder Seite der Öffnung und lockern Sie dann das Kanülenbändchen auf beiden Seiten. Denken Sie daran, die alte Kanüle nicht loszulassen, denn ein plötzlicher Husten könnte die Kanüle aus dem Stoma herauskatapultieren.

7. Greifen Sie die alte Kanüle mit jeweils einer Hand an den Flügeln der Kanülenplatte und entfernen Sie die Kanüle durch vorsichtiges Herausziehen in einer leicht gekrümmten, der Form der Kanüle entsprechenden, Bewegung [ Abb. 6-8 ].

8. Setzen Sie sofort nach der Entnahme die neue Kanüle ruhig und kontrolliert in das Stoma ein [ Abb. 9-11 ].

 

9. Wenn Sie die neue Kanüle beim ersten Versuch nicht einsetzen können, atmen Sie tief durch und versuchen Sie es noch einmal. Versuchen sie es nie mit Gewalt, denn sonst könnte die Kanüle versehentlich in den Zwischenraum zwischen Haut und Luftröhre geschoben werden.

 

10. Falls es Ihnen nicht gelingt, die Kanüle einzusetzen, stellen sie fest, ob das Stoma seine Größe verändert, während Ihr Kind atmet und konzentrieren Sie sich darauf, Ihren nächsten Versuch im Moment der größtmöglichen Stomaöffnung zu starten.

 

11. Sollte das Stoma ganz in sich zusammengefallen und geschlossen sein, versuchen Sie das Stoma zu öffnen, indem Sie mit den Fingern die Haut leicht vom Stoma wegziehen [ Abb. 8 ].

 

12. Wenn das nicht gelingen sollte, benutzen Sie einen Spreizer, um das Stoma zu öffnen und die Kanüle einzusetzen.

 

13. Wenn alle Versuche scheitern, schieben Sie einen Absaugkatheter durch die Kanüle und führen Sie die Spitze des Katheters in das Stoma ein. Der Katheter kann jetzt als Führungsschiene benutzt werden, an der entlang Sie die Kanüle in das Stoma einführen können.

14. Sobald die neue Kanüle eingesetzt ist, schließen sie die Kanülenbändchen auf beiden Seiten und vergewissern sich, dass sie fest und zuverlässig halten [ Abb. 11 ].

15. Falls nötig, saugen Sie Ihr Kind jetzt ab.

 

16. Überzeugen Sie sich, dass das Kind wohlauf ist. Geben Sie eventuell zusätzlich Sauerstoff, falls ein Bedarf ersichtlich ist.

 

17. Inspizieren Sie die alte Kanüle auf Spuren von Verschleiß oder Beschädigung. Achten Sie besonders auf eine eventuelle Verfärbung, Verborkung oder verdächtige Gerüche, die auf das Vorhandensein einer Infektion hinweisen können.

 

18. Handelt es sich bei der alten Kanüle um eine Einwegkanüle, entsorgen Sie diese. Ist sie wiederverwendbar, legen Sie die alte Kanüle in einen Behälter, der mit dem vom Hersteller empfohlenem Reinigungsmittel gefüllt ist.

19. Waschen Sie Ihre Hände gründlich.

large_tubes07a.jpg

Abb.6

large_tubes07b.jpg

Abb.7

large_tubes07c.jpg

Abb.8

Entfernen der alten Kanüle - Abb.6: - Festhalten der Kanüle - Abb.7: Herausziehen der Kanüle - Abb.8: Das Stoma ohne Kanüle

large_tubes08a.jpg

Abb.9

large_tubes08b.jpg

Abb.10

large_tubes08c.jpg

Abb.11

Einsetzen der neuen Kanüle - Abb.9: - Positionierung der Kanüle - Abb.10: Einsetzen der Kanüle - Abb.11: Befestigung des Bändchens

bottom of page